Warum die Freitagspredigt nur 5 Minuten dauern soll

Einmal habe ich einen Witz gelesen, bei dem es um einen Vater ging, der seinen Sohn die Etiketten des Freitagsgebets abfragte. Er fragte ihn u.a., wieso man während der Freitagspredigt still sein muss, woraufhin sein Sohn antwortete, dass man dadurch die Leute nicht beim Schlafen stört.

Ich kann an meiner Hand abzählen, wie viele Male ein Prediger von bemerkenswerter Redegewandtheit, sowie außerordentlichem islamischen Wissen unsere örtliche Minbar besucht hat. Für viele wird der Begriff einer verkürzten Aufmerksamkeitsspanne sehr fremd klingen, dabei beschreibt er genau das Problem, welches wir fast jeden Freitag erleben. Die Aufmerksamkeitsspanne ist nämlich die Zeit, in der man sich auf eine Sache – in unserem Fall die Khutba – konzentrieren kann, ohne sich dabei von externen Faktoren ablenken zu lassen. Die meisten Freitagspredigten sind eine Art von „Aufmerksamkeitsspannen-Jihad“, entweder aufgrund der ausgeübten mentalen Bemühung, nicht in Gedanken zu meinem Arbeitsplatz zurückzukehren, um ausstehende Arbeitsangelegenheiten durchzugehen oder aufgrund einer akustisch-verabreichten (Über-)Dosis von spirituellem Schlafmittel. Gelegentlich sorgt letzteres für ersteres.

Eine gefährdete Aufmerksamkeitsspanne stellt allemal ein Problem dar. Ein Lösungsansatz, um die mentale Bandweite der Zuhörerschaft zu reanimieren, wäre zum Beispiel ein „Prediger-Training“. Es gibt Programme für Prediger, welche sich mit den Grundlagen effektiver Kommunikation, der Islamischen Rechtsprechung in Bezug auf das Freitagsgebet, Themenselektion, Inhaltsnachforschung und Konstruktionsmethoden, sowie vieles mehr auseinandersetzen.

Dies ist ein wichtiger Schritt vorwärts, doch ich glaube, dass hierbei dennoch ein fundamentaleres Problem verfehlt bzw. vernachlässigt wird – nämlich dieses, dass Freitagsgebetgänger verschiedenartige Bedürfnisse und Erwartungen in Hinblick auf deren zeitliche Verpflichtungen haben. Dies wiederum hat nicht nur Auswirkung auf die Aufmerksamkeitsspanne, sondern vor allem auch auf deren Anwesenheit und sogar auf die Wahrnehmung vom Prediger und der Moschee.

Längere Predigten eignen sich eher für Länder mit mehrheitlich muslimischer Bevölkerung sog. „muslimische Länder“, wo der Freitag ohnehin als Feiertag gilt und der „Luxus der Zeit“ Bestand hat. Wenn die Leute im Anschluss an das Freitagsgebet Sunnah-Gebete verrichten bzw. allgemein außer-der-Pflicht-stehende-Gebete und somit deinen Weg blockieren, braucht man sich in solchen Ländern keine Sorgen machen, nun das „Gebetslabyrinth-Spiel“ spielen zu müssen, bei dem man versucht, zwischen den Betenden zu torkeln. Wieso? Es ist ein Feiertag, also keine Eile. Im Anschluss an die kleine „Gamer-Session“, bemerkst du vielleicht, dass jemand mit deinen Schuhen abgehauen ist oder dich zugeparkt hat. Außerdem ist es sehr wahrscheinlich, dass du Mitten im Freitagsgebet-Stau steckst. Kein Problem, es ist Freitag, also kannst du dir Zeit lassen.

In einem Land, in dem Freitage kein Feiertage sind, ist eine fünfminütige Predigt absolut notwendig. Dazu gehört eine Zeitbeschränkungen von Minbar-Dauerrednern. Es darf nicht vergessen werden dass für die Moscheevorstände auch viele logistische Schwierigkeiten in Bezug auf die Moschee und und für die Besucher ein hohes Zeitmanagement Problem vorherrscht. Einige bekommen nur eine einzige Freistunde, in welcher sie zur Moschee hin und zurück fahren und gleichzeitig noch das Gebet verrichtet haben müssen. Wenn alleine nur die Predigt bereits 45 Minuten dauert, dann ist nachvollziehbar, warum so viele Geschwister bewusst zu spät zum Freitagsgebet erscheinen.

Ich glaube, dass sich eine optimale Predigtendauer in einem fünf-Minuten-Rahmen bewegt (plus/minus 1-2 Minuten). Dieser Rahmen berücksichtigt variierende Teilnehmer-Zeitpläne und Aufmerksamkeitsspannen sowie Islamisches Wissen und Kommunikationsfähigkeiten des Predigers und Moscheelogistiken. Um genau zu sein, ist mit einer fünfminütigen Predigt der Predigt-Teil an sich gemeint, ausgeschlossen von den eröffnenden und abschließenden Bittgebeten oder die Zeit, in der der Prediger sitzt. Auch beinhaltet sie nicht das Freitagsgebet. Es handelt sich als um den Hauptteil der Predigt.

Der 5-Minuten-Vorteil

Eine fünfminütige Predigt hört sich wie der wahrgewordene Traum eines Faulpelzes an, doch der Vorteil von dessen Umsetzung wäre gewaltig. Schauen wir uns einmal die derzeitigen Probleme an, die für die Zuhörerschaft sowie den Prediger bestehen, und wie die fünfminütige Predigt ein Nutzen für beide sein kann.

Das „nicht-gefesselte” Publikum

Zielsetzung: ‘Ibadah

Bevor wir über die Predigt an sich reden, ist es lehrreich, die Situation der Zuhörerschaft in Erwägung zu ziehen. Im Gegensatz zu der oft vermittelten Botschaft unter den Muslimen, ist dein Bürojob keinesfalls ein Indiz, dass dir die Dunja wichtiger als deine Religion ist. Ganz im Gegenteil ist der Job potentiell eine Art von Gottesdienst, insbesondere wenn die Absicht darin besteht, der Pflicht der Familienunterstützung nachzugehen. Ein Freitagsprediger sollte diesbezüglich mehr Verständnis für seine arbeitende Zuhörerschafft entwickeln. Wenn erlaubte materielle Errungenschaften den Glauben einer Person schaden, dann muss diese Person zusehen, sich selbst zu richten und nicht den Job dafür aufzugeben. Viele Gefährten waren erfolgreiche Geschäftsinhaber (z.B. Khadijah, Abu Bakr, Uthman r.a.) und trotzdem stark in ihrem Glauben.

Des Weiteren sind Professionalität anhand von Ihsan (Perfektionismus) in seinen Arbeitsbemühungen, eine solide islamische Basis für das Fällen von Entscheidungen. Das selbe gilt für eine positive, teamorientierte Haltung, ummantelt von islamischem Charakter und Benehmen.

In diesem Sinne ist es wichtig, Erfolg in der Karriere zu respektieren statt zu verunglimpfen und die „Entweder-oder“-Mentalität wie „Entweder du bist religiös oder materiell erfolgreich“ beiseite zu legen. Stattdessen sollten wir diese mit einer „und“-Mentalität ersetzen, in etwa wie: „Du bist sowohl religiös als auch materiell erfolgreich“. Wenn wir an die Auswirkung dieser Aussage denken, erkennen wir sie in der Sira des Propheten – salla lahu’alaihi wa sallam – wieder, wo er aufgrund seiner Ehrlichkeit und Rechtschaffenheit erfolgreich in seinen Geschäftsangelegenheiten war.

Das Zeitlimit-Dilemma

Um Vortrefflichkeit in seinen Job zu bringen, muss man u.a. an den erwarteten Führungsstandards festhalten. Dazu gehören die Bevorzugungen der Leitung. Jede Person, die Vereinbarungen trifft um am Freitagsgebet teilzunehmen, wird eine andere Ausgangssituation aufweisen.

Ich habe einmal mit einer Person zusammengearbeitet, die in der Technologieindustrie tätig war und wirklich auf die Sekunde rechtzeitig zum Freitagsgebet anwesend war, sowie davon wieder abwesend sein musste, und das obwohl die Freitagsveranstaltung im selben Gebäude stattfand. Wenn sein zeitlicher Rahmen nur um eine Minute gesprengt wurde, war seine Pflicht, am Freitagsgebet teilzunehmen, sowie erneut am Arbeitsplatz zu erscheinen, gefährdet – seine Zeitanforderungen waren so eng, dass er keine andere Möglichkeit hatte, außer zu gehen. Ich kannte diese Person persönlich und er war in keiner Weise jemand der schwach im Glauben ist.

Zwischen diesen beiden Enden liegt eine Skala von dem, was erlaubt ist und dem, was nicht erlaubt ist – die Dauer, wie lange sie sich frei nehmen können, zu welcher Zeit sie sich frei nehmen und wiederkehren können und die Konsequenzen, wenn sie das Maß überschreiten.

Hinzu kommt, dass spezielle Umstände die Dauer möglicherweise einschränken können. Dies gilt sogar für diejenigen mit flexiblen Vereinbarungen – eine Person muss vielleicht zu einem Kurs zurückkehren, ein kritischer Geschäftspartner steht an oder ein sehr dringliches Projekt. Im schlimmsten Fall geht es sogar um Leben oder Tod, wie z.B. bei einem Arzt.

Wenn wir diese Situation als wichtig einstufen und respektieren können, dann können wir eine rücksichtsvollere Diskussion über Aufmerksamkeitsspannen und zeitliche Verpflichtungen führen. Eine Diskussion, welche nicht in die voreingestellte, verurteilende „Du hast nicht genügend Iman“- Antwort ausartet.

Die fünfminütige Zuhörerschaft

Eine fünfminütige Predigt liefert drei verschiedene Vorteile.

Zeitlicher Vorteil: unsolide Zeitfaktoren überwinden

Dadurch, dass die zeitliche Flexibilität jeder Person variiert, garantiert eine fünfminütige Predigt jedem Teilnehmer, den Anfang, die Mitte und das Ende der Predigt mitzubekommen. Viele Anwesenden verlassen ihr Büro später aufgrund ihrer eigenen zeitlichen Prioritäten und kommen dann erst inmitten oder gen Ende der Freitagspredigt an. Dabei nutzen sie die lange Predigt als einen Zeitpuffer, um das Gebet nicht zu verpassen. Dadurch die gesamte Botschaft der Predigt zu hören, hat der Anwesende die größte Chance, um Nutzen aus der Ermahnung zu ziehen.

Neben ihrem eigenen Terminplan müssen sich Teilnehmer mit einer Vielfalt von unzuverlässigen Variablen , bezogen auf den Prediger und die Moschee, auseinandersetzen. Wenn der Prediger sich entscheidet, über seine zugeteilte Zeit hinaus zu predigen, muss das Publikum dies aushalten. In einer Moschee, in der ich schon mal zum Freitagsgebet erschienen bin, gibt es ein „Ampelsystem“, welches auf einer Säule angebracht und zum Prediger gerichtet ist. Die Ampel erscheint gelb um ihn wissen zu lassen, dass seine Zeit ausgeht. Rot erscheint sie dann, wenn er über der Zeit ist. Sogar mit dieser Einrichtung scheinen bestimme Prediger zu denken, dass es in Ordnung für jeden sei, seine Arbeit sausen zu lassen und die zeitlichen Verpflichtungen, die gesetzt wurden, zu verletzen. Eine fünfminütige Predigt drosselt den Schaden von selbstgerechten Überschreitungen massiv.

In Hinblick auf die Moschee müssen die Teilnehmer ggf. außerhalb parken und einen weiteren Weg zur Moschee zurücklegen, sofern das Parken eingeschränkt ist. Dabei ist zu bedenken, dass sie denselben Weg zurücklaufen müssen. Zudem muss man seine Schuhe in einem vergrabenen Stapel finden, zwischen Sunnah-Betendenden torkeln und durch eine Menge laufen, die langsam fortschreitet. Wenn man dann einmal an seinem Auto angekommen ist, ist es der “Freitagsgebetstau”, den man obendrein zu bekämpfen hat. Eine fünfminütige Predigt gibt dem Teilnehmer mehr Raum zum Atmen, um all diese logistischen Hürden zu bewältigen.

Aufmerksamkeitsspannenvorteil: maximaler Nutzen in minimaler Zeit

Die Aufmerksamkeitsspanne ist ein kritisches Konzept. Studien zeigen, dass die Aufmerksamkeitsspanne der Durchschnittsperson fünf Minuten anhält. Studien zeigen auch, dass die tägliche Willenskraft einer Person endlich ist und erschöpft werden kann. Eine Person, die den ganzen Morgen lang, bis hin zum frühen Nachmittag gearbeitet hat, möglicherweise sogar ohne Mittagspause, ohne am Freitagsgebet teilzunehmen, wird sich in einem Zustand der abnehmenden mentalen Ausdauer wiederfinden, um eine 25-40 minütige Rede durchzuhalten. Die ersten fünf Minuten eines Gesprächs sind die, in denen die Zuhörer dem Sprecher maximale Aufmerksamkeit schenken und in diesem Sinne der Prediger den meisten Nutzen erzielen kann. Das kannst du an dir selbst erkennen, wenn du den Satz des Predigers hörst: „Jetzt kommt der letzte Punkt“, oder „um das ganze abzuschließen“, genau an dieser Stelle springt die Aufmerksam der Zuhörer noch einmal gewaltig nach oben.

Für diejenigen, die das Paretoprinzip, also die 80/20-Regel verstehen (80% deiner Ergebnisse gehen von 20% deiner Bemühungen aus): Diese ersten fünf Minuten, wenn sie richtig genutzt werden, sind deine 20% Zeitaufwand um 80% beim Publikum zu erreichen.

Barakah (Segens)-Vorteil: Der Sunnah des Propheten – salla lahu ‘alaihi wa sallam – folgen

Das wichtigste zuletzt: Der Prophet (s) at ebenfalls kurze Predigten gehalten. Er hat empfohlen, die Predigten zu verkürzen und dafür das Gebet zu verlängern. Meine Lehrer haben beigebracht, die relativen Begriffe zu verstehen, die Beispiele des Propheten (s) und seiner Gefährten nachzuprüfen und diese Aussagen genau zu qualifizieren, sowie zu quantifizieren. Viele der Predigten des Propheten (s), welche ich gelesen habe (eine ist am Ende dieses Eintrags gegeben), würden nicht die fünf Minuten Grenze überschreiten, sofern ich sie in einem gemäßigten Ton lese.

Das bedeutet nicht, dass es falsch ist, eine 30 – 40 minütige Predigt zu halten, da andere Gelehrten der Meinung sind, dass die Länge gemäß dem „’Urf“ (Kultur) variiert. Was es jedoch bedeutet ist, dass eine fünfminütige Predigt kein Anzeichen für einen schwachen Iman, oder gar etwas verwerfliches darstellt. Im Gegenteil: Sie gehört zu den Praktiken des Propheten (s).

Der Freitagsprediger

Der herausgeforderte Prediger

Meine erste Predigt war eine hitzige Überlieferung einer “Schritte des Shaytan”-Predigt. Ich nahm seine Beispiele hinaus und ersetzte sie mit meinen eigenen. Ich übermittelte die Predigt, nicht in meiner eigenen Stimme, aber in der Imitation eines anderen berühmten Sprechers (oder zumindest meine Version von ihm). Es war ein gewaltiger Wortschwall und als ich fertig war, war die Erde komplett versengt mit Feuer und Schwefel.

Nachdem die Gebete folgten, passierten zwei Dinge. Zunächst kamen Leute zu mir, um mir zu danken und mir zu sagen, dass dies die beste Predigt sei, die sie je gehört hatten. Mein Kopf schwoll an, weil ich die Wahrheit in der Tat stillvoll übermittelt hatte.

Doch ein zweites, wichtigeres Ereignis geschah. Ein saudischer Bruder, welcher seinen Doktor in Englischer Sprache machte, bot mir an, mir die richtige Tajweed-Koranrezitation zu lehren. Auf weitere Diskussion hin, wurde ihm bewusst, dass ich eigentlich überhaupt keinen Koran lesen kann.

Wie kommt es, dass ein Typ, der keinen Koran lesen oder nicht einmal Sure Al-Fatiha richtig rezitieren kann, dennoch auf der Minbar steht und die Leute zum Guten und vom Bösen ermahnt? Wie sich herausstellt, ist ein langer Bart eine große Hilfe, um eine autoritäre Position zu erreichen, die man vielleicht nicht verdient. Dasselbe gilt für jemanden, der ein bisschen artikulierter, geprobter und leidenschaftlicher im Vergleich zu anderen ist. Oftmals ist der Prediger ein unqualifiziertes Individuum, der sozusagen die Lücke füllt, weil niemand sonst es tun würde.

Es mag der Fall sein, dass mein Blickwinkel auf die Geschichte eine Seite von einem Extrem repräsentiert, doch Ignoranz besteht nicht aus zwei Einheiten – wo du entweder bist oder nicht bist – es liegt auf einer Skala in Hinblick auf Islamisches Wissen, Gemeinschaftsbewusstsein und Kommunikationsstärke. Die Zahl an Predigern, die einen qualifizierten Mentor (z.B. einen lokalen Imam) haben, welcher sie auf regulärer Basis überprüfen und korrigieren kann, ist relativ gering.

Die fünfminütige-Prediger Lösung

Eine fünf-minütige Predigt ist um einiges einfacher vorzubereiten, als eine 30 – 40 minütige Rede. Kommunikationsliebhaber werden ohne Zweifel folgende Aussage zitieren: „Kürzere Reden sind viel schwieriger vorzubereiten als längere Reden.“ Der Grund für diese Schwierigkeit ist, weil die aussagende Person oft ein Experte in dem Gebiet, über welches sie spricht ist und ihr Wissen dementsprechend auf einem ganz anderen Niveau beruht, als das der Zuhörerschaft. Dementsprechend muss sie zwischen Informationen abwägen, quasi nach dem „Kill your Darling“-Prinzip, was letztlich ziemlich frustrierend und unbefriedigend sein kann.

Für die Mehrheit der Prediger ist die Analyse eines Experten nicht zutreffend. Es genügt, eine nutzvolle fünfminütige Ermahnung in Bezug auf einen bestimmten Themenbereich zu finden, das Material in Predigtenformat zu bringen und die Predigt dann einige Male zu üben. Dafür eigenen sich vor allem die Predigten auf unserer Seite, da die meisten von ihnen nach dem 5-Minuten-Schema geschrieben worden sind.

Bedenke den Nutzen. In einem Szenario verbringt der Prediger Zeit ohne seine Familie etc. um sich der Nachforschung zu widmen, zu proben und eine dreißigminütige Predigt zu übermitteln, über dessen Thema er einigermaßen etwas weiß, dies jedoch ohne Tiefe. In einem anderen Szenario wartet der Prediger bis zur letzten Minute und meißelt sich eine halbherzige Rede zusammen, dessen Ergebnis er schließlich für 30 Minuten während der Predigt faselt. In beiden Szenarien richtet sich der Prediger an ein Publikum, welches im Wesentlichen erschienen ist, um die Auforderung des Freitagsgebets zu erfüllen, jedoch dazu neigt, nach fünf Minuten abzuschalten.

Ein Prediger, der seine Predigt im 5-Minuten Rahmen hält, wird mehr von der Gemeinschaft in der Moschee haben (weil die Zeit so kurz ist) und wird in der Lage sein, der Mehrheit, die meisten Bestandteile seiner Botschaft zu übermitteln, da die Predigt innerhalb ihrer begrenzten Aufmerksamkeitsspanne stattfindet. Kürzere Vorbereitungszeiten bedeuten für den Prediger eine kürzere Abwesenheit von seiner Familie, sowie anderen Verpflichtungen. Gleichzeitig bedeutet dies, dass es einfacher wird, sich den Predigten hinzugeben und damit die Planungsschwierigkeiten der Moschee zu entkräften.

Einwände gegen die 5-Minuten-Predigt

Die Leute sind jahil (unwissend)/nicht-praktizierend und die Predigt ist die Chance, sie zu bilden

Dies mag vielleicht stimmen, doch die Zeitdauer der Predigt zu vergrößern, zieht nicht notwendigerweise bessere religiöse Rechtleitung oder Auswirkung mit sich. Weniger ist mehr und mehr ist eigentlich weniger. Eine kürzere Predigt ermöglicht Bildung – kürzere Erinnerungen sind machtvoller weil sie in der Aufmerksamkeitsspanne der Audienz bleiben. Zudem zwingen sie den Prediger, sich kurz zu fassen und sich auf die wesentlichen Punkte zu fokussieren. Der Witz „Um was ging es gerade in der Freitagspredigt?“ mit der Antwort „Ich weiß es nicht“ wird erheblich an Wahrheitsgehalt verlieren, insha’Allah.

Die Leute beten das Gebet nicht einmal pünktlich, dann werden sie auch eine 5-Minuten Predigt verpassen

Während meiner Zeit im Vorstand einer Moschee hatten wir ein Problem mit den Schuhen auf dem Boden – die Leute waren zu faul, um ihre Schuhe aufzuheben und sie in die Schuhregale zu stellen. Ich habe den Vorstandsmitgliedern vorgeschlagen, dass wir striktere Regeln bräuchten und somit die Schuhe, die nicht in die Regale gestellt werden, aus der Moschee geworfen werden. Die Führung stimmte zu und ich war der Gesetzeshüter. Ich platzierte ein Schild auf den Regalen um alle vor der neuen Regelung zu warnen und fing dann an, die Schuhe hinauszuwerfen. Wie durch ein Wunder löste sich ein Problem innerhalb einer Woche, welches für mehrere Jahre zuvor Bestand hielt.

Trotz unserem Ruf für Unprofessionalität, passen sich die Leute an, sobald sie sich einem neuen Standard bewusst sind. Jegliche zuständige Gruppen für die Freitagsgebet-Logistik und Zeitplanung sollte den Anwesenden die neue Regelung bewusst machen und wenn sie einmal implementiert ist, sie streng durchführen. Dann werden sie sich auch an das Pünktliche Erscheinen zu der Freitagspredigt gewöhnen, welches lediglich einer Umstellung bedarf.

Als Randnotiz ist dieser Einwand eigentlich eine Entkräftigung zum oben genannten Einwand, wo es darum ging, die Gemeinschaft fortzubilden – viele Leute kommen in der Mitte oder am Ende der Predigt, also wie sollen diese Leute von Bildung profitieren?

Was ist wenn wir einen qualifizierten Imam oder effektiven Sprecher haben?

Sollte ein qualifizierter Prediger eingeladen sein, so kann dieser nichtsdestotrotz eine kurze Freitagspredigt halten und nach dem Gebet zu einem späterem Zeitpunkt seinen Vortrag fortsetzen. Wenn nämlich eine Regelmäßigkeit der kurzen Predigten erst einmal etabliert wurde, so ist es dem Freitagsbetenden gegenüber nicht fair, plötzlich doch wieder zu einem alten Muster zurückzukehren und von der Audienz plötzlich ein größeres Zeitpensum zu verlangen.

Der Prophet (s) hat dazu geraten, das Gebet zu verlängern und die Predigt zu verkürzen, also sollte das Gebet sehr lang sein.

Ich habe diese Aussage schon einige Male als Antwort erhalten, welche auf der Empfehlung des Prophet (s) basiert, die Predigt zu kürzen und das Gebet zu verlängern. Der Prophet (s) war dafür bekannt, oft Sure Al Jumu’ah und Sure Al Munafiqoon während des ersten und zweiten Rakahs zu rezitieren, oder auch Sure Al Ala und Sure Al Ghashiyan in der ersten und zweiten Rakah. In ersterem Fall würde sich das Gebet auf 3 Seiten des Qur’an lang ziehen, was, im Verhältnis gesprochen, viel mehr als das ist, was ich momentan sehe – insbesondere nach einer 30-40 minütigen Predigt, bei welcher am Ende eine halbe Seite vom Ende des Juz Amma rezitiert wird und in 50% der Moscheen im zweiten Gebetsabschnitt Sura Al Asr oder Al Ikhlas gelesen wird.

Es wäre interessant, eine Umfrage anzustellen und herauszufinden, in wie vielen Freitagsgebeten der Prediger drei Seiten des Koran rezitiert. Meine Vermutung ist (und das ist eine reine Vermutung, basierend auf Erfahrung), dass es praktisch keinen einzigen gibt. Eine fünfminütige Predigt inklusive der eröffnenden und abschließenden Bittgebete, dem Sitzen, und den drei Seiten des Korans macht insgesamt 15-20 Minuten aus.

Freitags ist die Zeit, wo alle zusammenkommen und wir eine Gemeinschaft bilden

Während dies der Wahrheit entspricht, ist die Freitagspredigt eine Zeit, wo das Publikum still sein muss. Es gibt keine „gemeinschaftsbildende Komponente“ während der Predigt (oder zumindest solle es keine geben). Eine fünfminütige Predigt würde hingegen die erwähnte Gemeinschaftsbildung ermöglichen, da der Zeitdruck, zu seinem Büro, zur Schule usw. zurückzukehren, erheblich sinken würde.

Allerdings können diejenigen, die diese Flexibilität nicht besitzen und sich keine Zeit für soziale Interaktion nehmen können, direkt zur Schule oder Arbeit zurückkehren. Die fünfminütige Predigt bringt Flexibilität mit sich, sodass die Mitglieder des Publikums entscheiden können, ob sie bleiben können und wenn sie es tun, für wie lange sie bleiben. Für einige gilt, dass sie immer prompt gehen müssen, während für andere hingegen dies eine Ausnahme ist, abhängig von deren Situation in gegebener Woche.

Wir brauchen längere Predigten, weil wir nicht so gut und wissend sind wie die Gefährten

Letztere Aussage ist wahr – in der Tat sind wir insgesamt nicht so gut wie die Gefährten weil der Prophet (s) aussagte, dass sie die beste Generation sind. Allerdings ist der Gedanke, dass wir, weil wir nicht so gut sind, mehr tun müssten, von niederem Urteilsvermögen. Es gab Männer, die zum Propheten (s) kamen und ihm sagten, dass sie mehr Gottesdienst als er verrichteten, wobei sie sich auf das Fasten, nächtliche Gebete und ein Leben als Junggeselle bezogen. All dies taten sie, weil sie nicht so gut wie der Prophet (s) waren, doch letztlich wurden sie wegen dieser Denkweise getadelt. Es geht nicht um die Menge der Taten, sondern die Nähe zur Sunnah innerhalb der Taten.

Ein anderer Aspekt ist der “sachkundige“ Teil der Diskussion – die Gefährten wussten mehr. Die Frage ist dennoch, welche Gefährten das waren? Unter ihnen gab es Gelehrte wie Ibn Abbas, Ibn Mas’ud, Ibn’Umar, Aisha, Abu Hurayrah und andere. Andererseits aber gab es Gefährten, die zum Propheten (s) kamen und ihm sagten, dass sie die fünf Säulen praktizierten, nicht mehr und nicht weniger. Es gab Leute, die in der Stadt lebten und andere, die Beduinen in der Wüste waren. Innerhalb der Gefährten gab es Unterschiede im Wissens und sogar die Verfügbarkeit und Zugänglichkeit zum Propheten (s) war unterschiedlich und der Prophet (s) sprach sie während des Freitags alle an.

Das eigentliche Problem ist, dass wir Ursache und Wirkung an falsche Stelle setzen. Wir sagen: „Die Gefährten haben keine langen Predigten gebraucht, weil sie bereits sehr wissend in Bezug auf die Sprache waren und zudem der Prophet (s) unter ihnen war.“ Was ich versuche mitzuteilen, ist, dass wir diese Aussage umdrehen sollten – insofern, dass eine der beizutragenden Faktoren und Lehren, die wir vom Propheten (s) nehmen sollten, ist, dass kürzere Kommunikation, vor allem in Hinblick auf den Freitag, das effektivere Mittel ist, um zu kommunizieren. Wir sollten auch verstehen, dass der Einfluss des edlen Gesandten (s) auf die Gesellschaft im Gesamtbild maßgeblicher war. Sein Publikum, sowie deren Situationen waren außerdem sehr vielfältig, auch in ihrem Wissensstand.

Wenn weniger mehr ist, wieso ist dann dieser Eintrag so lang?

In diesem Medium ist die Leserschaft aus freien Stücken hier, nicht aus Zwang. Du kannst in deiner Freizeit lesen, den Text überfliegen, wie es viele tun, oder den Eintrag vollständig ignorieren. Den Text zu lesen ist kein Pflichtbestand des Gottesdienstes, und nicht jeder muss hier sein. Du musst dich auch nicht durch den Parkplatz, die Schuhhaufen oder Ankündigungen kämpfen um diesen Eintrag zu lesen. Langförmige Kommunikation hat Nutzen und Bildung in spezifischen Bereichen kann nicht in fünf Minuten geschehen.

Dies wirft eine interessante Frage auf – ist die Freitagspredigt ein Platz der Bildung? Während ich der Tatsache zustimme, dass unsere gesamte Gemeinschaft viel mehr an islamischer Bildung benötigt, denke ich nicht, dass die Freitagspredigt ein geeigneter Ort hierfür ist, insbesondere aus den oben erwähnten Gründen (Mangel an Aufmerksamkeit der Zuhörerschaft, Zeitflexibilität der Zuhörerschaft, Knappheit an qualifizierten Sprechern). Ich denke, dass die Zuhörer mehr Nutzen aus einer fünfminütigen Ermahnung ziehen könne, als aus einer langen Rede.

Beispiel einer fünf-minütigen Predigt vom Propheten (s)

Eigne dir Wissen an, da dies mit Gewissheit zur Furcht vor Allah führt. Es anzustreben ist ein Gottesdienst (‘Ibadah), es zu studieren ist Allah zu lobpreisen, sich darum zu bemühen ist Jihad; es den Ignoranten zu lehren ist eine Wohltat (sadaqah); und es seinen Leuten weiterzugeben, bringt einen näher zu ihnen. Wissen weist auf das Erlaubte (Halal) und das Verbotene (Haram) hin, und es ist leuchtendes Licht, welches den Weg zum Paradies zeigt. Es tröstet die Einsamen, versöhnt die Zerstrittenen und redet zu dir in Verborgenheit. Es ist ein Wegweiser in guten wie in schlechten Zeiten, es ist eine Waffe gegen Feinde und es ist der beste Freund.

Mit Wissen erhöht Allah die Ränge der Menschen und macht sie zu Anführern in der Tugend, dessen Schritte verfolgt werden. Ihrem Beispiel wird nachgeahmt, ihrer Meinung wird gefolgt. Die Engel mögen es, mit den Leuten des Wissens zu sitzen und sie mit ihren Flügeln zu umgeben; und alles, ob nass oder trocken, der Fisch im Ozean und die Tiere an Land, – werden Allah darum bitten, ihnen zu vergeben. Wissen belebt das Herz inmitten von Ignoranz und es beleuchtet die Sicht in der Dunkelheit.

Mit Wissen werden die Diener Gottes eine Elite und werden die höchsten Ränge in diesem sowie im nächsten Leben erreichen. Nachsinnen mit Wissen ist gleich dem Fasten (sawm); seine Zeit in das Lernen zu investieren ist gleich dem Gebet in der Nacht (qiyam), Pflichten gegenüber Verwandten werden anhand von ihm erfüllt; und durch es ist das halaal und das haaram bekannt. Wissen geht der Tat voran (‚amal) und die Tat folgt darauf. Die Glücklichen erreichen es und den Elenden wird es vorenthalten.“

Fazit

Vieles von dem, was ich mit euch geteilt habe, basiert auf meiner eigenen Erfahrung als Prediger, Freitagsgebetgänger und dem Feedback, welches ich von anderen bekommen habe. Was sind eure Gedanken und Erfahrungen? Sollten wir eine fünfminütige Predigt als Standard festlegen? Wieso oder weshalb nicht? Nutzt bitte die Kommentarfunktion dieser Seite und helft mit euren Vorschlägen auch den anderen Predigern.

Mit freundlicher Genehmigung übersetzt von www.muslimmatters.com

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